Gabi Uhl ist Mitglied im Verein Initiative gegen die Todesstrafe e.V.. Der Verein hat die Brieffreundschaft zwischen Gregory und mir vermittelt und kämpft täglich gegen die Todesstrafe an. Im Interview erzählt Gabi von den täglichen Aufgaben, Hürden und Erfolgen.
Warum sollte man sich auch in Deutschland aktiv gegen die Todesstrafe engagieren?
Auch wenn wir hier in Deutschland und in fast ganz Europa keine Todesstrafe mehr haben, halte ich ein Engagement gegen die Todesstrafe aus verschiedenen Gründen für wichtig. Zum einen denken wir mehr und mehr global – uns ist nicht egal, was andernorts in der Welt passiert. Zum anderen können ja auch Deutsche von der Todesstrafe betroffen sein, wenn sie beispielsweise in den USA oder in China angeklagt werden. Und wenn die Vereinigten Staaten Menschen mit Chemikalien hinrichten wollen, die in Europa oder sogar Deutschland hergestellt werden, dann ist damit noch ein Berührungspunkt gegeben, der zeigt, dass wir uns da nicht einfach raushalten können.
Natürlich ist das, was ein kleiner Verein erreichen kann, begrenzt. Vieles kann und muss vielleicht nachhaltiger auf politischer Ebene bewirkt werden. Auf der anderen Seite denke ich: Steter Tropfen höhlt den Stein.
Wenn man bedenkt, dass es auch in Deutschland genug Befürworter der Todesstrafe gibt, die zumeist nicht ausreichend informiert sind, dann ist Aufklärung über das Thema eben auch ein wichtiger Aspekt.
Ein aktuelles Beispiel für das, was man von Deutschland und Europa aus erreichen kann, sind Exporteinschränkungen für die Chemikalien, die in den USA für Hinrichtungen mit der Giftspritze benutzt werden. Diese werden oftmals aus Europa bezogen. Mit den Exporteinschränkungen wird ein klares Zeichen gesetzt, dass Europa dies nicht unterstützt. Damit ist natürlich die Todesstrafe in den USA noch nicht vom Tisch, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Was bringt den Gefangenen eine Brieffreundschaft? Zählt das überhaupt als Engagement gegen die Todesstrafe?

Gabi engagiert sich nicht nur bei der Initiative gegen die Todesstrafe e.V., sondern auch auf einer Nachrichtenwebseite
Das habe ich im Laufe der Zeit schon mehrfach gehört: „Was sollen die Brieffreundschaften? Damit schafft ihr doch die Todesstrafe nicht ab!“
Das stimmt natürlich, aber der Kontakt mit Gefangenen ist ein Teil eines möglichen Engagements. Je nachdem, wie stark man sich für den juristischen Fall des Betroffenen einsetzt, kann man es natürlich als Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe im Einzelfall interpretieren.
Wenn man eine Brieffreundschaft ohne juristisches Engagement pflegt, dann ist es in meinen Augen schlicht menschliche Zuwendung für diejenigen, denen ihr Menschenrecht auf Leben abgesprochen wurde. Für die Gefangenen sind die Briefkontakte sehr wichtig. Oftmals sind ihre Brieffreunde und die Briefe für die Gefangenen das einzige Fenster zur Welt, das ihnen offen steht.
Wie sieht die Arbeit der Initiative gegen die Todesstrafe e.V. konkret aus?
Die Initiative gegen die Todesstrafe e.V. ist ein Verein mit rund 60 Mitgliedern, die über ganz Deutschland verstreut sind, ein paar unserer Mitglieder wohnen auch im Ausland.
Eine wesentliche Aufgabe sehen wir in Information und Aufklärung. Zu den alltäglichen Aufgaben in diesem Zusammenhang zählt die Aktualisierung der Website, die sowohl aktuelle Nachrichten als auch allgemeines Faktenmaterial enthält. Zum Tagesgeschäft gehört auch die Beantwortung diverser Anfragen, die uns regelmäßig erreichen.
Von Zeit zu Zeit kommen organisieren wir auch Aktionen. So hatten wir mehrere Redner-Touren in den vergangenen Jahren. Bei den Touren haben von der Todesstrafe Betroffene ihre Geschichten erzählt.
Gefangene unterstützen wir durch Veröffentlichung von Brieffreundschaftsgesuchen oder – wo das nicht erlaubt ist – durch Vermittlung von Adressen. Für die Brieffreunde selbst stehen wir jederzeit bei Nachfragen zur Verfügung.
Wir arbeiten auch immer wieder mit anderen Organisationen zusammen und unterstützen uns dadurch gegenseitig, zum Beispiel durch das Unterschreiben und Weiterleiten von Petitionen. Dazu kommt parteineutrales politisches Engagement, so bestehen seitens des Vorstands z.B. Kontakte zum Auswärtigen Amt.
Die schwierigste Hürde ist in meinen Augen die Tatsache, dass wir alles ehrenamtlich machen und deshalb vielen Mitgliedern die Zeit fehlt, sich stärker einzubringen. Und das frustriert natürlich auch zum Teil. Wir würden gern viel mehr tun, aber es fehlt an Potential.
Warum konzentriert ihr eure Arbeit auf die USA, obwohl auch in anderen Ländern Menschen unter der Todesstrafe hingerichtet werden?
Ich denke, wenn wir mehr Möglichkeiten hätten, würden wir unser Engagement sicher nicht auf die USA beschränken. Doch unter den gegebenen Umständen ist es notwendig den Fokus auf ein Land, in dem Fall die USA, zu setzen.
Wir können nicht an allen Fronten gleichzeitig kämpfen. Es hat mehrere Gründe warum die Wahl auf die USA gefallen ist. Einerseits gibt es von den USA die meisten Informationen – in vielen anderen Ländern werden die Fakten rund um die Todesstrafe als Staatsgeheimnis behandelt. Zudem empfinde ich die Todesstrafe in den USA aber als noch skandalöser als in anderen Staaten, weil die Vereinigten Staaten sich als die Wiege der Menschenrechte darstellen.
Letztlich sind Brieffreundschaften mit englischsprachigen Häftlingen einfacher. Alles zusammengenommen, sind uns die USA kulturell einfach näher als der Rest der Welt, in der es die Todesstrafe noch gibt.
Wie ist die Resonanz auf eure Arbeit und auf die Vermittlung von Brieffreundschaften?
Wir bekommen oftmals positive Resonanz auf unsere Arbeit, aber hier und da natürlich auch kritische Rückmeldungen.
Immer wieder schreibt uns jemand, dass er oder sie aufgrund eines Brieffreundschaftsgesuchs auf unserer Website einen wertvollen Briefkontakt entwickelt hat und dafür dankbar ist.
Die Redner-Touren waren zweifellos erfolgreich. Der „Spiegel“ hatte über den ersten Abend der ersten Tour mit Juan Melendez berichtet. An den darauffolgenden Tagen sprengten die Besucherzahlen all unsere Erwartungen.
Ich hatte eine Veranstaltung der Tour „Nicht in unserem Namen“ mit Bill Pelke, Terri Steinberg und Ray Krone an meiner Schule organisiert. Die Schülerinnen und Schüler waren stark beeindruckt und haben noch lange danach immer wieder nachgefragt, was aus Justin Wolfe -Terri Steinbergs zum Tod verurteilten Sohn – geworden ist. Dessen Todesurteil wurde inzwischen tatsächlich für ungültig erklärt.